Arbeitspolitik und Fachkräfte-Entwicklung

Der Einzelhandel ist eine der größten Branchen in der deutschen Wirtschaft und beschäftigte im Frühjahr 2017 ca. 3,02 Millionen Arbeitnehmer/-innen. Gegenüber 2009 hat sich die Anzahl der Beschäftigten um 4,47 Prozent erhöht. Der E-Commerce entwickelt sich als ein Teilarbeitsmarkt und verzeichnete in 2016 fast 10 Prozent mehr Beschäftigte als in 2009 - mit weiter steigender Tendenz, und noch ohne Berüchsichtigung der Tätigkeiten in der eng verbundenen E-Commerce-Logistik.

Der bevh ist kein Arbeitgeberverband. Satzungsgemäß hat er jedoch "die Aufgabe, die gemeinsamen ideellen, rechtlichen, wirtschaftlichen, arbeitsmarkt- sowie sozialpolitischen Interessen seiner Mitglieder, auch in ihrer Eigenschaft als Arbeitgeber, national und international zu wahren und zu fördern." Daraus leitet der bevh seine Aktivitäten zur Fachkräfteentwicklung und im Monitoring arbeitspolitischer Entwicklungen ab.

Arbeitsmarkt und Tarifpolitik

Die Digitalisierung hat den Einzelhandel voll erfasst. Nicht nur Pure-Player nutzen neueste Technologien und dringen so mit digitalen Einkaufserlebnissen in jede Handelskategorie vor. Die klassischen Marktteilnehmer investieren ihrerseits in Multi- oder Omni-Channel-Konzepte. Die Veränderung erfasst auch den handelsspezifischen Arbeitsmarkt. Viele Unternehmen im E-Commerce sind nicht tarifgebunden und die klassischen Marktteilnehmer andererseits gliedern ihre Online-Bereiche oft aus. 

Es gibt für diesen deutlich wachsenden Arbeitsmarkt bisher keinen tarifvertraglichen Ordnungsrahmen, der auf die speziellen Arbeitsbedingungen der Branche zugeschnitten wäre. Regelungen, die bestehenden Tarifverträgen entlehnt werden, stoßen sich oft daran, dass nur nominell vergleichbare Tätigkeiten entdeckt und eingruppiert werden sollen. Das stellt jegliche Idee in Frage, bestehende Tarifsysteme auf diesen neuen Handel auszudehnen oder gar für allgemeinverbindlich zu erklären.

Arbeitsmarkt und Tarifpolitik im E-Commerce

Der bevh hat für einen befristeten Zeitraum einen arbeitspolitischen „Gesprächskreis E-Commerce“ eingerichtet, in dem sich Unternehmen aus den Bereichen E-Commerce, Multi-Channel und dem stationären Einzelhandel zusammengefunden hatten. Im Verlauf der Sitzungen wurde die Branche Einzelhandel analysiert und bewertet und es wurde die spezifische Prägung des E-Commerce herausgearbeitet. Der Gesprächskreis befasste sich im Schwerpunkt mit den Entwicklungen im Arbeitsmarkt, den Arbeitsbeziehungen und den Arbeitsbedingungen im E-Commerce und analysierte diese im Vergleich mit dem stationären Einzelhandel.

Die Ergebnisse der Arbeit hat der bevh Anfang Juni 2018 in der hier nachfolgend zum kostenlosen Download angebotenen Informationsbroschüre dokumentiert. Dokumentation und Koordination erfolgten durch die Unternehmensberatung AT-Solution aus Kelkheim/Taunus.

Booklet "Arbeitsmarkt und Tarifpolitik im E-Commerce"

Rechtsanspruch auf Homeoffice

Nach den bisherigen Erfahrungen in der Corona-Pandemie kündigte Bundesarbeitsminister Hubertus Heil an, einen Rechtsanspruch auf „Homeoffice“ auch nach der Pandemie gesetzlich zu verankern. Der bevh sieht keinen Anlass für ein explizites Gesetz, nennt aber Punkte, die zu berücksichtigen sind, sollte solch ein Gesetz tatsächlich auf den Weg gebracht werden.

Stellungnahme des bevh zum geplanten Rechtsanspruch auf "Homeoffice"

Sonn- und Feiertagsarbeit in Callcentern

Mit Revisionsurteil vom 26. November 2014 hat das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG, Az. 6 CN 1.13) die Beschäftigung von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern in Callcentern an Sonn- und Feiertagen faktisch für nichtig erklärt. Damit deutsche Handelsunternehmen auch in Zukunft ein hohes Kundenserviceniveau gewährleisten und darüber Arbeitsplätze in Deutschland gesichert werden können ist der deutsche Gesetzgeber aufgefordert, hierfür schnellstmöglich eine neue gesetzliche Grundlage zu schaffen. Sonn- und Feiertagsarbeit in Callcentern der Online- und Versandhandelsbranche müssen als bereichsspezifische Ausnahmen auch in Zukunft möglich bleiben. Eine Unterbrechung dieser Serviceleistungen an Sonn- und Feiertagen ist für deutsche E-Commerce- und Versandhandelsunternehmen keine Option.

Positionspapier des bevh (17. März 2015)

Stellungnahme für den Länderausschuss für Arbeitsschutz und Sicherheitstechnik (10. Juni 2015)

Fachkräfte-Entwicklung

Die Digitalisierung und der digitale Handel sind kein Phänomen der Städte. Weder bei den Käufern, noch bei den Anbietern. Eine Auswertung der vom EHI EuroHandelstInstitut erstellten Liste der Top 1000 Onlineshops zeigt, dass in jedem Bundesland und bis auf zweistellige Postleitzahl-Regionen herab Unternehmen ansässig sind, die Millionenumsätze im Internet erwirtschaften.

In Stadt und Land ist der E-Commerce damit Arbeitgeber für diese und Ausbilder für die nächste Generation. Während die Arbeitsplätze im E-Commerce bundesweit entstehen, finden sich die Fachkräfte mit digitaler Ausbildung bisher überwiegend in den Metropolen. Gute Fachkräfte zu finden, ist im ländlichen Raum eine solche Herausforderung, dass Unternehmen teilweise ihre E-Commerce- oder Digital-Abteilungen aus dem Stammsitz herauslösen und nach Berlin, Hamburg, München, Stuttgart, Köln oder Frankfurt verlegen. Dies betrifft sowohl B2C- als auch B2B-Unternehmen aus Handel und Industrie.

Kaufleute im E-Commerce

Nach ersten Anstößen durch den bevh im Jahr 2012 haben die Arbeitgeberverbände des Groß- und Außenhandels, des Einzelhandels und des Tourismus gemeinsam mit ihm ab 2015 den neuen Ausbildungsberuf Kauffrau/Kaufmann im E-Commerce entwickelt und durchgesetzt. Das neue Berufsbild ist im August 2018 erstmals bundesweit in Berufsschulen angeboten worden.

www.ecommerce-kaufleute.de (Informationen für Auszubildende)

Offizieller Verordnungstext gemäß Veröffentlichung im Bundesanzeiger (13. Dezember 2017)

Das Bundesinstitut für Berufsbildung BiBB eine Umsetzungshilfe für Betriebe herausgegeben. Der bevh hat im Autoren-Team der Umsetzungshilfe mitgearbeitet. (Frühjahr 2018)

Fachwirt/in im E-Commerce

An die E-Commerce-Kaufleute schließt sich eine Weiterbildung zum E-Commerce-Fachwirt an, die eine Qualifikation auf DQR-Niveau 6 abbildet. Fachwirte werden damit befähigt, im E-Commerce-Arbeitsfeld auch Leitungsfunktionen zu übernehmen. Sie stehen damit auf einer Stufe mit einem hochschulischen Bachelor-Abschluss, unterscheiden sich jedoch von diesem durch die höhere berufspraktische Prägung in einer bestimmten Branche.

Zur erweiterten beruflichen Handlungsfähigkeit gehören im Einzelnen folgende Aufgaben:

  1. Steuern und Weiterentwickeln des E-Commerce im Unternehmen, 
  2. Kalkulieren und Planen von nationalen und internationalen Geschäften im E-Commerce, 
  3. Planen und Bewirtschaften des Waren- oder Dienstleistungssortiments im E-Commerce,
  4. Analysieren von Veränderungen des Kundenverhaltens, Beurteilen der Auswirkungen, Entwickeln und Durchsetzen von Verbesserungsmaßnahmen,
  5. Planen und Steuern von Online- und Multichannel-Marketingkonzepten,
  6. Kooperieren mit Geschäftspartnern und internen Unternehmensbereichen, Kommunikation kunden- und dienstleistungsorientiert Gestalten,
  7. Führen von Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen und Fördern ihrer beruflichen Entwicklung,
  8. Organisieren und Durchführen der Berufsausbildung,
  9. Analysieren der Ablauforganisation, Ableiten von Veränderungsoptionen sowie Einleiten von Verbesserungsmaßnahmen,
  10. Umsetzen des Qualitätsmanagements und Fördern der Nachhaltigkeit im E-Commerce.

Diese 10 Punkte wurden in insgesamt 4 „Handlungsbereichen“ gefasst:

  • Strategien für den E-Commerce entwickeln
  • E-Commerce-Prozesse gestalten
  • Prozesse im E-Commerce analysieren und weiterentwickeln
  • Kommunikation, Führung und Zusammenarbeit mit internen und externen Partnern sicherstellen

Die "Verordnung über die Prüfung zum anerkannten Fortbildungsabschluss Geprüfter Fachwirt im E-Commerce und Geprüfte Fachwirtin im E-Commerce" wurde am 5. Dezember 2019 erlassen und ist am 17. Dezember 2019 mit Veröffentlichung im Bundesgesetzblatt in Kraft getreten.

Verordnungstext

bevh-Hochschulatlas E-Commerce

In ganz Deutschland gibt es im Jahr 2018 lediglich 10 einschlägig auf E-Commerce ausgerichtete Studiengänge. Eine Auswertung bestehender Studiengänge durch den bevh hat weiterhin ergeben, dass im Jahr 2017/18 in Deutschland insgesamt 104 Studiengänge sich explizit mit Digitalen Geschäftsmodellen beschäftigen. Dies sind deutlich weniger als 1 Prozent aller Studiengänge und lediglich knapp 5 Prozent aller wirtschaftswissenschaftlichen Angebote. Der bevh hat diese Studiengänge im "bevh-Hochschulatlas E-Commerce" katalogisiert und die Modulhandbücher hinsichtlich der E-Commerce-Ausrichtung ausgewertet.

Zum Hochschulatlas E-Commerce

bevh-Roundtable "Forschung und Lehre"

Der bevh lädt zwei Mal im Jahr die Inhaber von E-Commerce-Lehrstühlen zum Austausch ein. Ziel der Tagungen ist der Austausch über Forschungsprojekte, die Organisation der Lehre und einzelner Ausbildungsinhalte. Der Roundtable "Forschung und Lehre" unterstützt den bevh im Hinblick auf dessen bildungspolitische Ordnungsarbeit und unterstützt den Verband bei der Entwicklung, Erstellung und Interpretation von Studien.

Sie sind Hochschullehrer und möchten im bevh-Roundtable "Forschung und Lehre" mitarbeiten? Dann senden Sie gern eine E-Mail an Martin Groß-Albenhausen

Ihr Ansprechpartner

Bild von bevh-Hauptgeschäftsführer Christoph Wenk-Fischer

Christoph Wenk-Fischer

Hauptgeschäftsführer

Ihr Ansprechpartner

Bild des Stellvertretenden bevh-Hauptgeschäftsführers Martin Groß-Albenhausen

Martin Groß-Albenhausen

Stellvertretender Hauptgeschäftsführer