Positionen zur Europawahl

Europaflaggen wehen vor dem Gebäude des Europäischen Rats

Wie der Handel der Zukunft aussehen soll, wird fast ausschließlich auf europäischer Ebene bestimmt. Während asiatische Plattformen mit neuen E-Commerce-Modellen in die Märkte drängen und europäische Wettbewerbsregeln austesten, hat die EU deutschen Onlinehändlern eine beispiellose Zahl neuer Bürokratiepflichten auferlegt. Die kommende Europawahl wird daher auch eine Schicksalsentscheidung für den E-Commerce sein: Es wird sich zeigen müssen, ob Europa zu einem fairen Wettbewerbsmodell findet und die ambitionierten Klima- und Verbraucherschutzgesetze sinnvoll ineinandergreifen. 

Wir wollen Klarheit von der Politik. Um die Antworten der Parteien vergleichbar und transparent zu machen, haben wir ihnen unser Wahlprüfsteine zugeschickt. (Die Antworten werden wir ebenfalls hier präsentieren): 

  1. Wie wollen Sie sicherstellen, dass zwischen E-Commerce-Händlern aus Drittstaaten und europäischen Anbietern Wettbewerbsgleichheit herrscht und bestehende und ggf. künftige Vorgaben, die für alle auf dem europäischen Markt aktiven Händler gelten, nicht nur gegenüber in der EU ansässigen Unternehmen durchgesetzt werden, sondern auch gegenüber denen aus Drittstaaten? 

  2. Verbraucherinnen und Verbraucher genießen beim Onlineeinkauf im Vergleich zum stationären Handel bereits zusätzliche Rechte, wie z.B. das Widerrufsrecht innerhalb von 14 Tagen und seit neuestem auch den Widerrufsbutton, die es ihnen erlauben, etwaige Fehlkäufe ohne Probleme wieder zurückzugeben. Benötigen Verbraucher und Verbraucherinnen Ihrer Meinung nach dennoch einen zusätzlichen Schutz, wenn Sie online einkaufen und wenn ja, wie rechtfertigen Sie die daraus resultierende Ungleichbehandlung mit stationären Händlern?

  3. Händlerinnen und Händler können Kundinnen und Kunden beim Onlineeinkauf dazu animieren, einen Beitrag für mehr Nachhaltigkeit zu leisten und beispielsweise die Produkte in der Mehrwegverpackung zu bestellen, CO2-neutral liefern zu lassen oder im Sinne der Umwelt Retouren zu vermeiden. Sollen Ihrer Meinung nach Händler Verbraucher und Verbraucherinnen auf nachhaltigere Kaufoptionen hinweisen dürfen oder betrachten Sie dies als unlautere Beeinflussung des Konsumentenwillens? 

  4. Wie gewährleisten Sie, dass die Vorteile des europäischen Binnenmarkts nicht durch Goldplating bzw. unterschiedliche Umsetzungen sowie Rechtsdurchsetzung zunichte gemacht werden?

  5. Die Umsetzung von Gesetzen verursacht oft erheblichen bürokratischen Aufwand. Wie wollen Sie gewährleisten, dass Unternehmen, die immer mehr Gesetze umsetzen müssen, bürokratisch entlastet werden, damit sie ihre Zeit und Ressourcen auch in nachhaltige und zukunftsweisende Investitionen stecken können und nicht ihren Betrieb aufgeben? 

  6. Im letzten Kommissionsmandat wurden so viele Vorschriften wie noch nie verabschiedet gerade was die Bereiche Nachhaltigkeit und Digitalisierung betrifft. Sehen Sie hier weiteren Regulierungsbedarf oder sollte die Wirksamkeit der Gesetze und ihr Zusammenspiel erst einmal abgewartet und bewertet werden?

  7. Die EU-Kommission konsultiert bereits die Öffentlichkeit und Wirtschaft zu Gesetzesvorhaben. Dennoch scheinen Maßnahmen zuweilen am Ziel vorbeizuschießen oder verändern sich während der Verhandlungen massiv, sodass eigentlich eine neue Konsultation bzw. Folgenabschätzung notwendig wäre. Wie wollen Sie gewährleisten, dass Gesetze auch nach entsprechender Kompromissfindung praxisnah und umsetzbar gestaltet sind?

  8. In vielen Unternehmen spielt Nachhaltigkeit bereits eine große Rolle – nicht nur, weil entsprechende Gesetze sie zu Maßnahmen verpflichten, sondern auch, weil es vielen ein Anliegen ist, nachhaltiger zu werden beispielsweise durch den Verkauf gebrauchter Ware, nachhaltigere Verpackungsoptionen oder Nachhaltigkeitsinvestitionen in die Logistik. Welche Maßnahmen planen Sie, um eigene Initiativen von Unternehmen in Sachen Nachhaltigkeit im Onlinehandel zu unterstützen und zu fördern?

 

7 Eckpunkte zur Europawahl

  1. Mehr Fairness geht nur gemeinsam: Nationale und europäische Behörden werden über ihren Schatten springen müssen, denn die EU braucht ein faires Zollsystem, das zur Wirklichkeit einer neuen Handelswelt passt. Vor allem muss es sicherstellen, dass Plattformen in Drittstaaten sich an europäische Gesetze halten und heimische E-Commerce-Händler nicht mehr benachteiligt werden. Dazu braucht es neue Anstöße zu mehr Digitalisierung und Europäisierung nationaler Hoheitspflichten.

  2. E-Commerce ist überall: Die Trennung zwischen digitalem Handel und Offlinewelt bei Gesetzesvorhaben sollte deshalb aufhören. Besser ist es, für gleiche Spielregeln zu sorgen und niemanden einseitig zu belasten. Zumal das Internet immer mehr in den stationären Handel vordringt und wichtigster Wachstumsmotor vor allem kleiner Unternehmen geworden ist.

  3. Innovationen freien Lauf lassen: In der vergangenen Wahlperiode wurde so viel reguliert wie noch nie. Es wäre gut erst einmal zu sehen, wie diese neuen Gesetze zusammenspielen und sich in der Praxis bewähren. Bisher wurde vor allem der bürokratische Aufwand für Unternehmen erhöht. Sehr wenig ist darüber nachgedacht worden, Unternehmen zu entlasten, damit sie in ihre Nachhaltigkeit investieren können.

  4. Grüne Impulse für Verbraucher: Unternehmen können beim Onlineeinkauf dazu motivieren, dem Klima etwas Gutes zu tun. Etwa indem Kundinnen und Kunden einen „Schubs bekommen“, Produkte in der Mehrweg- oder nur der Produktverpackung zu bestellen, CO2-neutral beliefert zu werden, oder vermeidbare Retouren zu reduzieren. Nicht jede Beeinflussung von Verbrauchern ist also schlecht. Daher macht es sich die EU zu leicht, ein generelles Verbot für sogenannte “Dark Patterns” auszusprechen. Der konstruktive Weg wäre, mit dem Handel neue Möglichkeiten zu entwickeln, Konsum in nachhaltigere Bahnen zu lenken.

  5. Weniger Bürokratie kann so einfach sein: Für Händler bleibt der EU-Binnenmarkt ein fernes Versprechen. Statt europäischer Einheit(lichkeit) baut jedes der 27 EU-Länder (z. B. bei der erweiterten Herstellerverantwortung, EPR) eigene nationalstaatliche Bürokratiehürden auf. Dabei könnten wir das eine haben, ohne auf das andere zu verzichten: "Wenn Europa immer mehr Bürokratie will, dann soll es diese zentral verwalten und digitalisieren.“ Wir hätten schon viel erreicht, wenn es einen europaweiten One-Stop-Shop als einzige Anlaufstelle für sämtliche EPR-Pflichten in den 27 Mitgliedern gäbe, der die Möglichkeiten der Digitalisierung nutzt. Eine einzige digitale Registrierung würde dann genügen.

  6. Mitreden hilft: Die EU-Kommission konsultiert zwar die Öffentlichkeit bei Gesetzesvorhaben. Viele Initiativen verändern sich während der Verhandlungen aber so sehr, sodass neue Folgenabschätzungen notwendig wären, da sie ansonsten neue Rechts- und Umsetzungsfragen aufwerfen. Lasst uns daher mehr miteinander reden, damit Gesetze realitätsnah umsetzbar sind und Unternehmen im Nachhinein nicht von praxisfernen Vorgaben überrumpelt werden.

  7. Gute Projekte unterstützen: Sei es der Verkauf von Gebrauchtwaren (Re-Commerce), der Versand von Mehrwegverpacken oder das Nutzen von Paketstationen: Onlinehändler sind beim Umwelt- und Klimaschutz bereits sehr weit gekommen, werden aber durch "gut gemeinte" Gesetzesvorhaben wieder ausgebremst. Dem Handel starre Quoten und Regeln aufzuerlegen ist bequem und einfach. Ein fortschrittlicher und vorausschauender Politikstil wäre es aber, nachhaltige Initiativen konstruktiv zu unterstützen! Uns geht es auch nicht darum, „die Hand aufzuhalten“. Wir wollen Lösungen ausarbeiten und dafür Barrieren abbauen.